Weißasbest

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Chrysotil, auch als weißer Asbest oder Faserserpentin bezeichnet, ist ein häufig vorkommendes Mineral aus der Gruppe der Serpentine innerhalb der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“. Strukturell gehört Chrysotil zu den Schichtsilikaten mit der chemischen Zusammensetzung Mg3Si2O5(OH)4[1], wobei zwischen zwei kristallographischen Orientierungen bzw. Kristallsystemen der einzelnen Schichten unterschieden werden kann (Polytypie):

Die komplexe Kristallstruktur führt beim Chrysotil dazu, dass sich die Schichten zylindrisch einrollen und lange, feine und innen hohle Fasern bilden. Diese verwachsen zu filz- oder mattenartigen Aggregaten und sind allgemein unter der Sammelbezeichnung Asbest bekannt. Die Farbe von Chrysotil variiert meist zwischen Hell- und Dunkelgrün, kommt aber auch in hellgelben bis grau- oder braungelben Farbtönen vor.

Chrysotil ist neben Lizardit und Antigorit Bestandteil des Gesteins Serpentinit.

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Bläulichgrüner Chrysotil aus der „Bell
Mine“ (Thetford Mines), Les Appalaches,
Québec, Kanada (Größe: 4" x 2" x 2";
entspricht 10,16 x 5,06 x 5,06 cm)

Auch Weißasbest ist ein giftiges Mineral

Asbest kann man nicht riechen, nicht schmecken und oft nicht sehen. Diese natürlichen Silikat-Mineralien, die stabil, beständig und feuerfest sind, sind Jahrzehnte lang zur Wärmeisolation und zum Brandschutz verwendet worden. Es gibt zwei Arten von Asbest, auch Steinwolle genannt: den nadeligen Asbest, zu dem Krokydolith gehört und eine weichere, "flauschigere" Form, zu dem Chrysotil gehört. Asbest wurde höchst vielfältig eingesetzt: in Bremsbelägen und Kupplungen, in Elektrogeräten, in Maschinen und technischen Anlagen, in Heizungen und massenhaft als Baustoff in Gebäuden, aber auch in Alltagsgegenständen wie Thermoskannen, Toastern und Haartrocknern.ref name ARD.[2]

Tödliche Krankheiten - Auslöser Asbest

Asbest ist hoch giftig. Der faserige Stoff gelangt über die Atemwege in die Lunge und kann dort eine sogenannte Asbestose (Staublunge), eine bösartige Atemwegserkrankung auslösen - das Gewebe verhärtet und vernarbt dabei. Zerstörtes Gewebe kann sich nicht mehr regenerieren. Auch weitere Erkrankungen wie Lungenkrebs und Tumore am Rippenfell (Pleuramesotheliom) und Bauchfell können von Asbest ausgelöst werden. Asbest tötet langsam, denn zwischen der Belastung durch das Mineral und der eigentlichen Erkrankung können zwischen zehn und 30 Jahren vergehen. In der Theorie kann bereits eine einzige Faser ausreichen, um Krebs zu erzeugen. Das Risiko steigt, je länger und intensiver man den Fasern ausgesetzt ist. Wer mit Asbest in Kontakt kommt, hat nach rund zehn Jahren ein erhöhtes Risiko, an Asbestose zu erkranken. Jährlich sterben Hunderttausend Menschen an den Folgen von Asbest, die ungeschützt mit der tödlichen Faser gearbeitet haben.[2]

Beunruhigend: Junge Frauen mit Asbestfasern belastet

Bei 550.000 Menschen in Deutschland besteht der Verdacht, dass sie durch die Arbeit mit Asbest krank geworden sind. Aber nur etwa 50.000 Fälle wurden von den Berufsgenossenschaften anerkannt. Bisher haben sich Experten hauptsächlich mit den Lungen von Berufskranken beschäftigt. Doch die neuesten Gewebeproben führten zu erstaunlichen Ergebnissen: Längst finden sich die Asbestfasern nicht mehr nur in den Lungen von alten Männern, sondern auch im Bauchfell junger Frauen. Eine mögliche Erklärung: Viele Schulgebäude sind auch heute noch asbestbelastet. An vielen Schulen fehlt jede Warnung vor Asbest, obwohl das vorgeschrieben ist. Zudem kommt Asbest in immer mehr Haushaltsgegenständen, auch in Neuprodukten, zurück - kaum beachtet und fast gar nicht untersucht. [2] Besonders gefährlich sind asbesthaltige Produkte im Sanitärbereich, wie zum Beispiel Dichtungsringe aus schwach gebundenem Asbest. Solche Ringe aus China hat Deutschlands einziges Verbraucherschutzamt gefunden, das nach Asbest in Gebrauchsgegenständen sucht.

Verwendung trotz Verbotes in Europa

Chrysotil wurde für hitzebeständige Materialien, wie hitzebeständige Kleidung, Elektroisolierungen, Dichtungen und Seile verwendet. Weiterhin wurde es für Dachplatten (Eternit-Platten) benutzt. Auf Grund der Gefahren durch Asbest (Asbestose durch Einatmen von Asbest-Stäuben) wird es heute selten verwendet. Gemäß der EU-Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (REACH-Verordnung) ist das Inverkehrbringen und die Verwendung von Chrysotil und von Erzeugnissen, die Chrysotil enthalten, verboten.[3]

Kontrolle asbesthaltiger Produkte nur in München

Zuständig für Ausnahmegenehmigungen für den Import von Weißasbest aus Kanada ist das Bundesumweltministerium. Dort gibt es allerdings keine Stellungnahme. Man fühle sich nicht zuständig und verweist NDR [2] an die lokalen Verbraucherschutzämter. Aber nur ein einziges staatliches Verbraucherschutzamt in Deutschland sucht tatsächlich nach Asbest. In München ermittelt Gerhard Müller vom Gewerbeaufsichtsamt Oberbayern. Er ist einer der letzten unabhängigen Kontrolleure Deutschlands. Seit 23 Jahren ist der engagierte Beamte unterwegs. Inkognito suchte er nach gesundheitsschädlichen Waren und wurde immer wieder fündig. Aus Datenschutzgründen unterliegt seine Arbeit strengster Geheimhaltung. Er darf über die Firmen, bei denen er asbesthaltige Gegenstände findet, nicht sprechen.

Weißasbest 2012 noch in 9 von 10 Thermoskannen

Gerhard Müller sucht und findet Asbest zum Beispiel in Thermoskannen und in Dichtungsringen. In den letzten Jahren war in neun von zehn untersuchen Thermoskannen Asbest enthalten. Der tödliche Stoff sitzt in den sogenannten Abstandshaltern im Isolierglas. Der Blick durch ein Mikroskop zeigt, bestehen diese Abstandshalter aus Millionen Asbestfasern, die sich in der Lunge einnisten können. Von außen kann man sie sogar sehen, als dunkle Punkte. Bei solchen Thermoskannen kommt meistens Chrysotil (Weißasbest) zum Einsatz, das in ganz Europa verboten ist. Wenn eine Kanne, in der Asbest enthalten ist, herunterfällt und das Glasgefäß zerbricht, werden die Fasern freigesetzt - eine Gefahr für jeden Verbraucher, der diesen giftigen Staub einatmet. Denn auch was harmlos aussieht, kann Krebs erzeugen. Das Warnsystem RAPEX (The Rapid Alert System for Non-Food Products)[4] der Europäischen Kommission zeigt im Internet Listen mit gefährlichen Gebrauchsgegenständen. Unter der Kategorie Asbest finden sich auch sehr viele Thermoskannen - viele von ihnen kommen aus China. Asbest ist dort noch immer erlaubt.

Auch 2009 exportierte Kanada 38 Tonnen Asbest nach Deutschland

Mehr als 50 Länder haben Asbest auf den Index gesetzt. In Deutschland ist der krebserregende Stoff seit 1993 verboten - das betrifft sowohl die Herstellung, als auch die Verwendung. Dennoch steigt die Zahl asbestbedingter Lungenerkrankungen. Mit einer Verzögerung von etwa 30 Jahren machen sich die Spätfolgen aus der Zeit vor dem Verbot bemerkbar. Hamburg und Bremen sind besonders betroffen. Laut Professor Xaver Bauer von der Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf liegt das an asbesthaltigen Materialien, die im Schiffsbau benutzt worden sind. Kanada exportiert seine gefährlichen Fasern auch nach Deutschland: 38 Tonnen im Jahr 2009. Nach Angaben des Bundesumweltministeriums ist Chrysotil trotz Asbestverbots in Deutschland für die Produktion von Trennwänden, sogenannten Diaphragmen, zugelassen. Solche Diaphragmen werden unter anderem in der Chlor-Produktion benutzt. Die Firma Dow Chemical in Stade beschäftigt 1.500 Mitarbeiter. Eines der Produkte der Firma ist Chlor: 1,5 Millionen Tonnen pro Jahr. Bei der Herstellung von Chlor wird Strom in ein Salzwasserbecken geleitet. Diaphragmen halten die dabei entstehende Natronlauge und das Chlorgas auseinander. Die Wände dieser Diaphragmen sind mit Chrysotil beschichtet. Es stammt aus Kanada. Joachim Sellner, Sprecher von Dow Chemical in Stade.[5]

Bekannte Fördergebiete

Eine sehr bedeutende Lagerstätte in Russland liegt bei Ak-Dowurak in Sibirien, wo eine größten Asbestminen der Welt im Tagebau betrieben wurde. Auch im Ural liegen viele wichtige Chrysotilasbestlagerstätten wie die Stadt Asbest, die nach ihrer gleichnamigen Industrie benannt wurde.

Ein weiteres wichtiges Abbaugebiet ist die kanadische Provinz Quebec. Da Asbest in Kanada selbst nicht mehr eingesetzt werden darf, werden jährlich 200.000 Tonnen in Entwicklungsländer wie Indien, Indonesien oder Thailand exportiert. Diese Praxis wird von Lobbyisten der Asbestindustrie wie Clement Godbout, Leiter des „Weißasbest-Instituts“ in Montreal, unterstützt. Der Abgeordnete Pat Martin von der sozialdemokratischen Parlamentsfraktion kämpft gegen einen generellen Förderstopp in Kanada. Kritiker der Exportpraxis stellen fest, dass in den Ländern, in die exportiert wird, die Voraussetzungen für einen sicheren Umgang mit der Substanz nicht gegeben sind.[5]

In Südafrika waren unter anderem Baberton, die Havelock-Asbest-Mine im Distrikt Hhohho in Swasiland und Zvishavane (ehemals Shabani) in Simbabwe bedeutende Produzenten von Chrysotilasbest.[6]

China verbraucht weltweit am meisten Asbest

Auch in China wird Asbest abgebaut und im Isoliermaterial von Thermoskannen verarbeitet. In den Fabriken, in denen Asbest verarbeitet wird, gibt es weder Arbeitsschutzmaßnahmen noch Aufklärung über die tödliche Faser. Die Arbeiterinnen ahnen nicht einmal, welcher Gefahr sie sich aussetzen. In den staubigen Fabriken sind die Arbeiter dem Gift schutzlos ausgeliefert. Auch auf den Säcken fehlt jeglicher Hinweis auf die Gefährlichkeit des Inhaltes. China verbraucht weltweit am meisten Asbest. Aber nur einen Bruchteil kann das Land selber produzieren. Der Rest kommt aus Russland, Kasachstan und Kanada. Der internationale Asbestverband will ein weltweites Asbestverbot verhindern. Auch China ist Mitglied bei der Welthandelsorganisation und müsste sich einem möglichen Verbot beugen. Deshalb will niemand in China, dass über des Asbestabbau berichtet wird. Die unsichere Produktion soll kein Ausländer sehen.[2]

Synthetische Herstellung

Chrysotil lässt sich aus Gemisch von (Poly)-Kieselsäure und Magnesiumoxid in Wasser bei 300 °C und 90-160 bar Druck herstellen.

Krebserregender Weißasbest aus Kanada

Kanadas gefährliches Exportgeschäft: Rund 2,2 Millionen Tonnen Asbest werden pro Jahr weltweit produziert. Nach Russland, Kasachstan, China und Brasilien ist Kanada der fünftgrößte Produzent. Doch der Abbau und der Umgang mit Asbest ist gefährlich: Es besteht hohes Krebsrisiko. [5] 2010 hat das Land 135.000 Tonnen Weißasbest, auch Chrysotil genannt, aus zwei Minen gefördert. Aber die Menge geht zurück; beide Minen sind so gut wie erschöpft. Die Thetford Mine und die Jeffrey Mine liegen in der Provinz Québec. Die oberirdischen Reserven reichten nur bis 2011. Danach plante Minenbetreiber Bernard Coulombe, die Stollen noch weiter in die Tiefe zu treiben. Dort liegt eine Gesteinsschicht, die zu sechs Prozent aus Weißasbest besteht. "In dem Gestein sind etwa fünf Millionen Tonnen Chrysotil enthalten. Davon können wir pro Jahr etwa 200.000 Tonnen abbauen und verkaufen, das entspricht etwa zehn Prozent des weltweiten Marktes." 25 Jahre würde es dauern, bis das unterirdische Vorkommen erschöpft ist. In noch größerer Tiefe werden laut Bernard Coulombe weitere zwölf Millionen Tonnen Weißasbest vermutet. [5] Das Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung der Regierung in Québec hat der Mine eine Bürgschaft zur Verfügung gestellt unter der Bedingung: Minenbetreiber Coulombe - beziehungsweise seine Investoren - muss einen Eigenanteil in Höhe von 20 Millionen kanadische Dollar aufbringen. Seit der Entscheidung der Provinzregierung hagelt es Kritik: Gesundheitsexperten der Canadian Cancer Society, der Canadian Public Health Association und der Canadian Medical Association protestieren gegen die Bürgschaft.

"Asbest ist in Kanada die häufigste Ursache tödlicher Krankheiten, die am Arbeitsplatz entstehen. In Québec hat die Gesundheitsbehörde 15 Studien über den Umgang mit Asbest durchgeführt. Sie alle sind zu dem Ergebnis gekommen, dass Chrysotil nicht sicher zu handhaben ist und bei Menschen Schäden bewirkt." Die Weltgesundheitsbehörde WHO schätzt, dass etwa 125 Millionen Menschen während ihrer Arbeit Asbest ausgesetzt sind. Pro Jahr sterben weltweit mehr als 100.000 Menschen an den Folgen von eingeatmeten Asbestfasern - entweder an Asbestose, Lungenkrebs oder an einem Mesotheliom, einer fast ausschließlich durch Asbest ausgelösten Krebserkrankung von Lungen-, Brust- oder Bauchfell. Auch die Canadian Cancer Society hat den klaren Standpunkt: "Alle Formen von Asbest verursachen Krebs". Rund 95 Prozent des in Kanada produzierten Asbestes werden ins Ausland exportiert. Im Jahr 2010 brachte dieser Handel der kandischen Asebst-Industrie 75 Millionen Dollar ein. Die Abnehmer sind Länder wie Indonesien, Thailand und vor allem Indien. In Indien wird der krebserregende Stoff wegen seiner hitzebeständigen Eigenschaften vor allem in der Bauwirtschaft benutzt: Mit Zement vermischt werden vor allem Dachplatten damit hergestellt. Dabei kontrollieren einige Fabriken, welcher Asbest-Belastung die Arbeiter ausgesetzt sind - die von Kanada propagierten Sicherheitsstandards werden aber oft missachtet. Das sagt Ravi Agarwal, Direktor der indischen Umweltorganisation Toxics Link in Neu-Delhi. Ravi fordert, den Import von Asbest zu beenden. [5]

Kanada gegen Aufnahme von Chrysotil in Liste gefährlicher Chemikalien

Kanada will das Chrysotil nicht auf der Gefahrenstoffliste der Rotterdam-Konvention sehen. Als sich Ende Juni die 141 Unterzeichner-Staaten in Genf trafen, stand Chrysotil erneut zur Debatte. Die überwiegende Mehrheit der Staaten war dafür, den krebserregenden Stoff in die "Liste der gesundheits- und umweltgefährdenden Substanzen" aufzunehmen. Kanada allerdings sperrte sich gegen diesen Wunsch; genauso wie die Ukraine, Kirgistan, Kasachstan und Vietnam. Die Aufnahme von Chrysotil in die Liste gefährlicher Chemikalien hätte den Handel mit Weißasbest nicht unterbunden, ihn allerdings deutlich erschwert. Denn das Rotterdamer Übereinkommen sieht vor, Risiken und Gefahren der gehandelten Produkte an Importländer zu kommunizieren. Kurz vor dem Treffen in Genf hatte der kanadische Sender CBC herausgefunden, dass die Gesundheitsbehörde des Landes - Health Canada - sich schon 2006 dafür ausgesprochen hatte, Weißasbest auf die Gefahrstoffliste zu setzen. Vergeblich. Die kanadische Regierung bleibt bei ihrer Haltung und meint: "Die Risiken im Zusammenhang mit Chrysotil sind unter kontrollierten Bedingungen zu bewältigen."

Weitere Informationen

Einzelnachweise

  1. IMA/CNMNC List of Mineral Names 2012 (PDF-Datei; 8,45 MB)
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 NDR Fernsehen 01.03.2010: Grundwissen Asbest
  3. Amtsblatt der Europäischen Union L 396 vom 30. Dezember 2006 (PDF 1,8 MB; S. 129)
  4. RAPEX (The EU Rapid Alert System for Non-Food Products)
  5. 5,0 5,1 5,2 5,3 5,4 Deutschlandfunk: 14.08.2011 Krebserregender Weißasbest, Kanadas gefährliches Exportgeschäft von Florens Herbst, abgerufen 11. Mai 2013
  6.  Friedrich Klockmann, Paul Ramdohr, Hugo Strunz (Hrsg.): Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978 (Erstausgabe: 1891), ISBN 3-432-82986-8, S. 761-763.

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